„Weißt du noch wie alles begann?

Sag, weißt du noch das erste Mal?“, so fängt Reinhard Meys Song „Das erste Mal“ an und meine erste Flugreise ebenfalls.
Wie begann es denn nun?! Nun ja, damit, dass ich am Vortag überlegt hatte, ob ich alles Notwendige eingepackt hatte. Schirm, Gurtzeug, Helm, Vario, Schuhe, Zahnbürste und Kleidung. Klang soweit vollständig für mich.

Also, Samstag, 7:40 Uhr, an der Flugschule, ich lernte die ersten weiteren TeilnehmerInnen der Reise kennen und war erstaunt und positiv überrascht von der Offenheit,  Freundlich- und Herzlichkeit der anderen. Sachen nun in den neuen, gebrauchten Bus gelegt, Sitzordnung geklärt, Süßigkeiten griffbereit verstaut und ab ging es.
Die Fahrt war recht unspektakulär. Wir wussten, dass der erste Tag nicht fliegbar sein wird. Somit konnten wir hier und dort anhalten, Ausblicke genießen, Eis essen und bei der Ankunft in Meduno erstmal in Ruhe das Landefeld inspizieren. Gerade für mich, die noch nie dort war, waren die Informationen total hilfreich, auch wenn ich – als recht neue Fliegerin – eigentlich auf eine schön strukturierte Landeordnung wie am Buchen- und/oder Tegelberg gehofft hatte 😉 Aber, es ist ja auch in Meduno nicht verboten, den Gegen-, Quer- und Endanflug zu nutzen.

Nachdem wir dann auch wussten, wo wir morgen starten würden – die Wetterprognosen sahen gut aus für die nächsten drei Tage – ging es zur Unterkunft. Hier trafen wir auf Karin und Mario, die selbst angereist waren und uns mit einem alkoholischen Kaltgetränk begrüßten (Ein riesiges Danke nochmal an dieser Stelle – der Empfang war super!).

In meinen persönlich ersten kulinarischen Hochgenuss kam ich dann beim Abendessen – für Vitello Tonnato würde ich vermutlich auch meine Cousine vierten Grades verkaufen.
Nun aber, die erste Nacht lag hinter uns, das erste Frühstück ebenfalls und wir Sieben standen hochmotiviert am Berg. Und es war, wie ich noch lernen durfte, für Meduno wenig Wind. Dennoch, das Rückwärts-Aufziehen bzw. Rückwärtiges Aufziehen bzw. Dem-Schirm-zugewandtes-Hochführen-ausdrehen-und-in-die-Startphase-übergehen (nennt es, wie ihr wollt) klappte auch morgens schon wirklich gut und so kamen wir alle nach einem ersten „Wir kommen an und genießen den ersten Flug“-Abgleiter am Landefeld an.

Zu diesem Zeitpunkt konnte man bei mir vermutlich schon das erste Grinsen im Gesicht sehen – endlich wieder Fliegen.
Ralf, der leider nicht fliegen konnte, – der Schwerkraft und einer urplötzlich auftauchenden Treppenstufe am Freitag vor der Abfahrt sei Dank – holte uns alle am Landefeld wieder ab und es ging wieder rauf.


Gegen Mittag dann der zweite Flug und die ersten, ich glaube es war Siggi, der dann schon an der Kante klebte, konnten sich halten. Oh wie schön bist du, meine Kante in Meduno. Für mich war es am Startplatz beeindruckend zu sehen, wie unfassbar gut die Schirmbeherrschung bei vielen anderen FliegerInnen ist. Mit welcher Leichtigkeit sie toplandeten, ihre Schirme über ihnen stehend über das Plateau führten und dann starteten usw. Kurzum, mein Ehrgeiz war geweckt – ich möchte das auch können.
Ralf hat sich also jede Zeit der Welt genommen uns Sechsen das zu erklären, was wir wissen wollten, uns den Mut zugesprochen, den wir brauchten, um Neues auszuprobieren...
Nach der Landung aller nach dem zweiten Flug kamen wir erstmal in den Genuss eines kühlen Getränks am Landefeld im Sonnenschein. Gestärkt und ausgeruht ging es dann zum Abendflug wieder hinauf.

Ich kann an dieser Stelle schon verraten, den Air Time-Rekord hat unser Senior Siggi aufgestellt mit 2:15 h. Das mag für die erfahrenen Medunoflieger nach einem Witz klingen, aber die erfahrenen Medunoflieger waren nicht in den genau an den Tagen dort, an denen wir dort waren 😉
Die ersten von uns unternahmen die ersten Gehversuche mit dem Schirm auf dem Plateau, um dann, ganz lässig, zu starten.
Wohlbehalten, zufrieden und – mit einer Ausnahme – frisch geduscht ließen wir den Abend mit Bier, Wein und Pizza ausklingen.

Auch der zweite Tag sah wettertechnisch gut aus. Also, Aufstehen, Frühstück mit dem obligatorischen Wettstreit ums Rührei und hinaus zur Kante – mittlerweile hatte sie für mich schon fast etwas Vertrautes. Es war klar, dass der erste Flug nicht sonderlich lang gehen wird. Wir konnten uns also zwischen der Zwei- und Dreiflugstrategie entscheiden. Der Großteil nahm die Dreiflugstrategie.

Ralf zeigte uns die Technik für den Tulpenstart (ich kann jedem empfehlen, Versuchskaninchen zu sein – man bekommt den Schirm nämlich wunderschön hingelegt und braucht sich darum nicht kümmern ;)).

Im Laufe des Tages ging Karin nach dem Rückwärtigen Aufziehen bzw. dem rückwärtigen Hochführen bzw., ach, ihr erkennt mein Problem mit  der Bezeichnung, über das Plateau und verschwand engelsgleich im Luftraum.
Conny probierte ihre ersten Cobrastarts und tat es mit dem Verschwinden in den Luftraum Karingleich. Sam, Mario und ich flogen dann auch kurz danach hinterher.
Am Landefeld angekommen, Ralf war mittlerweile unten, um uns wieder abzuholen, fehlte Siggi. Kurz der Funkspruch „Siggi, wo bist du?“ „Ich bin an der Kante.“ „Ok, sollen wir auf dich warten?“ „Nein, ich kann mich halten.“

Wo ist Siggi?

Siggi – ein Mann, ein Wort. Wir fuhren also zu sechst wieder hoch und mussten laut lachen als wir an der letzten Kurve aus dem Bus raus einen blauen Aonic mit einem roten Männchen an der Kante sahen. Siggi hing ziemlich genau in der Gegend, in der er auch bei seinem letzten Funkspruch hing. Er hielt sich.
Wir übrigen taten es ihm dann gleich oder, so wie ich es versucht habe, flogen die Kante Richtung Osten weiter, kehrten wieder um usw. Wer Meduno kennt, weiß was ich meine. Für mich war es spannend festzustellen, wie dicht ich teilweise an der Kante sein musste, um den Aufwind zu bekommen und wie weit draußen dann auch wieder was ging.
Auch den zweiten Flugtag haben wir abends, alle mit dem Tag und den Flügen und dem Sonnenschein zufrieden, abschließen können. Mein persönliches Highlight war mein erster Versuch eines Cobrastarts, der dann sogar geglückt ist (allein schon, weil es ziemlich grandios aussieht, muss ich das lernen 😉 und ja, er hat auch sonst diverse Vorteile, insbesondere bei viel Wind. Die kann Ralf allerdings deutlich besser erklären als ich.).



Den Abend verbrachten wir, diesmal alle vor dem Abendessen frisch geduscht, sogar ich, wieder zusammen, lachten, labten und ließen auch den Wein nicht verkommen.
Für den Tag Nr. 3 war weniger Wind angesagt und es kam auch so. Man musste sich beim Starten am Vormittag und Abend bzw. späten Nachmittag sogar bewegen – ja, es handelt sich hier um Klagen auf hohem Niveau.
Der Wind am Mittag war wirklich gut. Sam startete ganz lässig über die Drachenrampe

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Mario und Karin zogen lässig rückwärts auf bzw. Schirm zugewandt bzw., ok, ok, ich lass es, Siggi und Conny souverän wie immer und dann am Hang klebend und ich mal wieder den Cobrastart übend.


So schön unsere Starts auch waren, die Flüge waren leider nicht ganz so lang. Das führte dazu, dass wir an diesem Tag teilweise vier Flüge machen konnten. Mit Ralf am Funk bin ich mal wieder den 50 %-Klapper geflogen und war wieder positiv überrascht, wie unspektakulär der mit einem A-Schirm ist, wenn man weiß, was kommt.

viel Wind - das Auslegen der Gleitschirmkappe war teilweise recht sportlich

Auch am dritten Tag kamen alle ohne Blessuren und gut gelaunt unten an. Was dann die Aperol Sprizz, Radler und/oder Biere besonders lecker im Sonnenuntergang schmecken ließen.

Same procedure as the last day – so das Motto des Abends. Eine riesige Grillplatte, diverse Gin Tonics und viele schöne Gespräche später gingen wir dann alle ins Bett und wussten, dass das Wetter sich ändern wird, genauso wie unsere Home Base. Es ging nach Slowenien weiter.

Der vierte Tag war, wie angekündigt, für uns nicht fliegbar. Wir besuchten also erstmal – in Slowenien angekommen – das Landefeld des Lijaks.

Eine slowenische Flugschule schulte, man sah allerdings, dass die Schirme beim Start viel, viel Seitenwind abbekamen, in der Luft standen und so richtig geheuer war uns das nicht.
Also entschieden wir uns, in das Alternativprogramm überzugehen und besuchten die Höhlen von Škocjan. Beeindruckend und absolut sehenswert – was anderes fällt mir dazu nicht ein.

Am Abend kehrten wir dann in unserer fantastischen, einem Kunstmuseum ohne Museumsfeeling anmutenden, einer Überraschungskiste, in der es in jeder Ecke etwas zu entdecken gibt und von den unfassbar herzlichen Gastgebern Betty und Christian und Irma, der Mutter von Christian geführten Unterkunft ein. Zur Begrüßung gab es den berühmten „Roten“, von dem ich in Italien schon gehört hatte. Er ist wirklich lecker... Die ebenfalls berühmte Aussicht, von der mir erzählt wurde, blieb allerdings erstmal aus.

Wir stecken komplett in den Wolken. Später riss die Wolkendecke dann aber noch auf, und das Essen entschädigte allerdings mehr als gut.

 


(Eingefügt vom Co-Autor Ralf )
Da das Wetter absehbar im gesamten Alpenraum nicht fliegbar sein würde, legten wir noch einen Höhlentag ein. Die größte Tropfsteinhöhle in Postojna (und vielleicht die kleinste?) standen auf dem Programm.

Wer Slowenien besucht: Unbedingt der Höhle einen Besuch abstatten. Die Bilder sind freundlicherweise von der offiziellen Homepage entnommen    https://www.postojnska-jama.eu

Mit einer kleinen Bahn geht's in den Berg:

Die kleinste Höhe befand sich dann direkt beim "Blauen Berg" neben unserer Pension.

Kristijan führte uns in die Katakomben:


na ja, wird wohl noch'n paar Jahre dauern.

Die unterirdischen inzwischen ausgedienten, insgesamt 5 Zisternen dienten früher der Wasserversorgung der ganzen Region.


... und weil die Temperatur Sommer wie Winter immer konstant ist, reift hier jetzt ein besonders guter Käse - eingehüllt in die verschiedensten Kräuter


Die Idee setzt sich dabei zunehmend durch - der Käse schmeckt und wird überwiegend an 5-Sterne-Hotels in Slowenien aber zunehmend auch ins Ausland verkauft und natürlich durfte er bei unseren abendlichen Mahlzeiten nicht fehlen.

Doch lassen wir Ann-Kathrin weiter berichten


Und nun – während ich gerade diese Zeilen schreibe, sitze ich noch immer in Slowenien auf Sinji Vrh – stürmt es draußen, es regnet und ist eindeutig Wetter, um es sich auf dem Sofa in dem Obergeschoss gemütlich zu machen und einen guten Film zu starten. Und für mich kann ich schon jetzt, noch vor dem Abschluss dieser Reise und dem Wissen, dass es höchstwahrscheinlich nicht mehr fliegbar werden wird und dennoch an das Wunder glaubend, dass Petrus den Wind und den Regen ausschaltet, die Eingangsfragen von Reinhard Mey für mich beantworten

„Weißt du noch wie alles begann?
Sag, weißt du noch das erste Mal?“.
Ja, ich weiß, wie alles begann und ich weiß, dass es nicht das letzte Mal war, dass ich an einer Flugreise teilnehme

Vielen Dank Ann-Kathrin für diesen schönen, persönlichen Bericht.

Die Reise hat mir viel Spaß gemacht. Es war eher eine Reise mit Freunden, als eine "gewerbliche Veranstaltung." Ich hoffe, wir können das wiederholen.

Ralf

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